Sawade Studio Visit:
Tobias Vetter
In der ersten Episode unserer Studio Visits besuchen wir den Berliner Künstler Tobias Vetter. Er spricht mit uns über seine Malerei, den Reiz des Unvorhersehbaren und darüber, warum Handarbeit für ihn weit mehr ist als nur Technik.
Es ist sicher kein Zufall, dass Tobias Vetter auf seiner Palette ein sattes „Nougat-Blau“ angerührt hat. Wir haben Ihn nach seiner Lieblingspralinensorte gefragt und unterhalten uns darüber, dass Farbe mischen fast ihn ein bisschen wie das Verkosten in der Pralinenherstellung ist: Es braucht Geduld, Neugier und die Lust, etwas Eigenes daraus entstehen zu lassen ...
Seine Bilder sind groß, körperlich, voller Energie. Tobias Vetter malt Figuren, die sich zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit bewegen, mal verletzlich, mal wuchtig. Nichts bleibt glatte Oberfläche, immer brechen Emotionen, Fragen und Risse hervor.
Er arbeitet mit einem feinen Gespür für Material: mal schnell, fast skizzenhaft, mal langsam und beharrlich, Schicht für Schicht. Jede Tube, jeder Hügel auf der Farbpalette, jede Spur am Boden erzählt davon, wie viel Experiment, Expertise und Handarbeit in jedem Bild steckt.
Es ist diese Mischung aus Intuition und Erfahrung, die seine Arbeit trägt: das Vertrauen in den Prozess, die Freude am Spiel mit Farbe und Form, und der Mut, auch das Unvorhersehbare einzuladen. So entstehen Werke, die sich nicht auf den ersten Blick erklären, sondern dazu einladen, länger hinzusehen – und immer wieder Neues zu entdecken.
“Der entscheidende Faktor ist, den richtigen Moment abwarten zu können, an dem das Werk mir sagt, es ist fertig.”
Fünf Fragen an Tobias Vetter
SAW: Wenn man dir im Studio zusieht, wirkt jeder Pinselstrich bewusst gesetzt. Wo kommen in Deiner Arbeit Routine und Handwerk zusammen – ähnlich wie in unserer Manufaktur?
TV: In meinem Malprozess bildet das handwerkliche Können die Basis für mein Arbeiten. Der Erfahrungsschatz, der durch jahrelanges malerisches Schaffen und durch jedes weitere Werk kontinuierlich erweitert wird gibt mir die nötige Freiheit, neue malerische Wege gehen zu können.
SAW: Bei Sawade beginnt es mit guten Zutaten. Was ist gutes Ausgangsmaterial für Dich, und wie beeinflusst es das Ergebnis?
TV: Leinwand, Farbe und Pinsel sind bei mir durch jahrelanges Optimieren perfekt aufeinander abgestimmt. Die Auswahl von Pinsel und Farbe ist wichtig für einen idealen Arbeitsprozess.
SAW: In der Pralinenherstellung braucht man Geduld: Anrühren, schichten, auflegen, garnieren … nichts geht schnell. Welche Rolle spielt Zeit bei Deiner Arbeit?
TV: Geduld ist unverzichtbar. Ein Werk kann in wenigen Tagen vollendet sein. Es kommt aber auch vor, das ein Gemälde viele Jahre in Anspruch nimmt. Der entscheidende Faktor ist, den richtigen Moment abwarten zu können, an dem das Werk mir sagt, es ist fertig.
SAW: Eine Praline überrascht mit Geschmack. Welchen Moment gab es in Deiner Malerei, in denen dich das Bild überrascht hat?
TV: Diese Überraschungsmomente sind die schönsten. Da ich eine intuitive Herangehensweise habe, entwickeln sich vor meinen Augen Geschichten, die ich selbst nicht erwartet habe.
SAW: Sawade ist in Berlin verwurzelt, genau wie du. Was bedeutet dir diese Stadt für deine Arbeit – ist sie Inspiration, Kontrast oder Bühne?
TV: Ich lebe seit 15 Jahren in Berlin. Dieser Ort ist meine gewählte Heimat. Hier ist unser Sohn geboren. Hier sind unsere Freunde. Und neben dem privaten Faktoren ist für mich Berlin weiterhin der Sehnsuchtsort der er vor 15 Jahren auch schon war.
Über den Künstler
Tobias Vetter wurde 1985 im Allgäu geboren. Nach seinem Studium der Illustration und Grafikdesign in Bochum zog Vetter 2011 nach Berlin und begann seine Arbeit als Künstler. Zunächst erlangte er Anerkennung für die monochromen Kunstwerke, die er auf die Haut von Menschen tätowierte. Inzwischen richtet er seinen Fokus jedoch auf Malerei und Skulptur. Er stellte bereits auf verschiedenen Kunstmessen sowie in Gruppenausstellungen mit Künstlern wie Jonathan Meese, Armin Boehm und Michael Sailstorfer aus.
Vetters Kunst dient als Spiegel, der die Komplexität menschlicher Existenz reflektiert und zugleich die Betrachter:innen einlädt, eigene introspektive Reisen zu unternehmen. Indem er das Fremde und Ungewöhnliche umarmt, ermutigt er uns, unser Verständnis der Welt und unseres Platzes darin zu hinterfragen.